
Zwingende Einsicht
„Es ist wie das Amen in der Kirche, welches am Ende einer jeden Predigt ausgerufen wird. Wenn es so weiter gegangen wäre, hätten wir Konkurs anmelden müssen. Es war Rettung in letzter Minute. Daher Genossen, …. “
Der Einzige aus der alten Politbürogarde, der sich rechtzeitig zu den Reformern gerettet hat, weil er wusste, wie es steht, will aus alter Gewohnheit noch einmal eine Rede reden. Im ZK war das schon gängige Praxis. Die Realität außerhalb der Mauern des Hauses am Werderschen Markt, dem Sitz des Zentralkomitees der SED, einem Teilgebäude der ehemaligen Reichsbank, wurde schöngeredet.
„Gerhard, du musst uns jetzt nicht noch einmal aufklären wollen“, unterbricht ihn einer der jüngeren Reformer.
„Wir wissen es. Wo wir eine Mark hineinsteckten, kamen kaum mehr als 40 Pfennig wieder raus. Wir mussten das Ruder herumreißen. Dabei durften wir nicht zimperlich sein.“
„Ja Genossen, so war das. Wir haben die Flinte nicht ins Korn geworfen. Wir haben damit gemacht, was man mit Flinten nun mal macht. Das war aber nur möglich, weil der ehemalige große Bruder auch erkannt hat, dass es so nicht weitergehen kann. Dort hatte der nächste Generalsekretär einen Herzinfarkt und sein Nachfolger gleich noch einen. Jetzt scheint der Richtige am Ruder zu sitzen. Der hat den Spieß umgedreht. Es soll aber Geheimdienste geben, die dabei einen ganz anderen Kandidaten im Auge hatten. Nun ja, manchmal bestraft das Leben nicht nur, sondern ist auch schneller, als woanders gedacht werden konnte.
„Ich denke, unsere Leute haben nur darauf gewartet, richtig Dampf unter den Kessel der ostdeutschen Lokomotive machen zu können. Ich sage euch, in ein paar Jahren pfeift Hochdruckdampf durch unser Signalhorn. Da bin ich mir sicher. Es ist so, dass jemand, der aufholen muss und will, eine höhere Motivation hat als jemand, der gewohnt ist, an der Spitze zu stehen. Manch Spitzenreiter bemerkt nicht mal, dass ihm da jemand auf den Fersen ist.“
Und so begann der Osten am Westen vorbeizuziehen, ohne dass dieser es bemerkte.
Psychologen begründeten dies später mit dem sprunghaften Modivationsanstieg bei einer Bevölkerung, welche über Jahrzehnte ihre Möglichkeiten und Potenzen nicht nutzen durfte. Wie bei einer Feder, die zusammengedrückt ja eine gewisse potenzielle Energie beinhaltet. Wird der Druck weggenommen, springt die Feder hoch.
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