
Kapitel 1: Die Reformer
Nun sitzen vier Männer in einer Datscha nördlich von Berlin und sind sich einig, wenn überhaupt, dann kann eine Reformation nur durch radikale Maßnahmen erfolgreich sein. Das Risiko, als Systemreformer enttarnt zu werden und für den Rest ihrer Tage in Sibirien Wind um die Ecke schaufeln zu müssen, das schwebt wie das Schwert des Damokles über ihnen. Doch diesmal wollen sie es durchziehen.
Die radikalen Reformatoren erhielten aber unverhofft Hilfe aus den verschiedensten Bereichen des Landes. Auch vom Jagdkollektiv der Staatsjagd. Sie schafften es, die überalterte Führung ihres Landes beim nächsten gemeinsamen diplomatischen Halali in der Schorfheide zu verjüngen. Die Verj&uunlngung erfolgte, indem man den Anteil der Alten verringerte. Jagdunfälle gab es immer Mal. Alle fünf Todesfälle wurden als bedauerliche Jagdunfälle deklariert. Gewohnt hinzunehmen, was ihnen so vorgebetet wird, nahm daran niemand Anstoß. Weitere Politgreise schickte man zur Kur in ein gut bewachtes Sanatorium.
Es durfte aber kein Diplomat bei dieser Diplomatenjagd erlegt werden. Bis auf einen Streifschuss am linken Oberarm des sowjetischen Botschafters, weil der zu nahe am alten Generalsekretär stand, kam auch kein Diplomat zu Schaden. In einer ausführlichen diplomatischen Note wurde sich dafür entschuldigt. Aber die Verjüngung war erfolgreich. Einer aus der Riege der etwas älteren hat rechtzeitig die Front gewechselt. Er desertierte und gehört nun zu den Reformatoren.
Sie als Putschisten zu bezeichnen wäre insofern unpassend, da der eigentliche Putsch einen früheren Anfang hatte. Ein Volk wurde für ein Experiment benutzt, bei dem das zu erwartende Ergebnis kaum mehr als eine vage Vorstellung war. Beim Start des Experimentes wurde im Ursprungsland der großen Idee sicherheitshalber noch die Handbremse angezogen. Die Situation war insofern kompliziert, weil das erste Land, welches versuchte, die große Idee zu verwirklichen, einen mörderischen Krieg führen musste und diesen überraschenderweise gewann. Allerdings war dieses Land, wie bereits erwähnt, nicht das Ursprungsland der großen Idee. Dadurch ist wohl im Sekretariat der Partei des siegreichen Landes die Befürchtung gewachsen, das Land, in dem die große Idee geboren wurde, könnte links an ihnen vorbeifahren. Getrieben von einer Art politischen Paranoia und dem Zwang für eine militärische Balance mussten und wurden einige restriktive Entscheidungen getroffen. Wie falsch diese Politik war, das zeigte sich Jahrzehnte später.
Die westliche Seite des Ursprungslandes wurde von erfahrenen Strategen als Schaufenster dekoriert. Dem östlichen Teil
wurden wesentliche Bestandteile seiner industriellen Existenz demontiert und entfernt. Dadurch, und durch weitere Restriktionen, ließ man den beachtlichen technologischen und technisch-organisatorischen Wissensvorlauf ungenutzt verkümmern.
Durch den Einstieg der wissenden Reformer konnte nun der sogenannte große Bruder von der Falschheit dieser Strategie überzeugt werden.
Es kam dort zwar zu bemerkenswerten Punktleistungen. Zum Beispiel in der Weltraum- und Militärtechnik.
Dabei wurde aber die breite Entwicklung der Fertigung von Artikel des täglichen Bedarfs etwas vernachlässigt. Man konzentrierte sich auf das Große und Ganze. Für den Einzelnen war das bisschen zu wenig. In wichtigen Kreisen der Macht wurde immer intensiver über einen Kurswechsel nicht nur nachgedacht. Die Möglichkeit, die ostdeutschen Wirtschaft als Motor zu nutzen, diese Variante begann auch im Sekretariat der KPdSU Raum zu gewinnen. Letztendlich führte es zu einer Palastrevolte, die aber außerhalb des Kreml kaum bemerkt wurde. Doch die deutschen Genossen Reformer bekamen grünes Licht.
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